Wissenschaftsrat

Vorziehprofessuren

21/06/2004

Dem Wissenschaftsrat wurde zu Beginn seiner Tätigkeit nahegelegt, sich u.a. mit den Implementierungsanreizen zu beschäftigen, die nach UG 2002 § 141 Abs. 5 "für eine erfolgreiche Umstrukturierung der Organisation und des Studienbereichs der Universitäten im Sinne der Profilentwicklung" vorgesehen sind.

Aus der Beobachtung der bisherigen Bemühungen um Reformen im österreichischen Universitätswesen hat der Wissenschaftsrat den Eindruck gewonnen, dass das Programm „Vorziehprofessuren“ des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kunst ein besonders vielversprechendes und rasch wirkendes Instrument zur Förderung der Entwicklungsplanung ist, und dass die Situation in Österreich noch Raum für weitere Maßnahmen dieser Art bietet.

Das Programm „Vorziehprofessuren“ dient der „Förderung der Schwerpunktbildung und Profilbildung der Universitäten“. Es fügt sich überzeugend in das Konzept des neuen Universitätsgesetzes ein. Die Universität erhält auf Zeit – nach einer entsprechenden Antragstellung und einem strengen Auswahlprozess mit externer Begutachtung – eine Vertragsprofessur, die sie nach Ablauf der Finanzierung durch das Ministerium (längstens 3 Jahre) aus dem eigenen Haushalt weiter zu führen hat. In der Antragstellung müssen die strukturverbessernden und profilbildenden Effekte der einzurichtenden Professur ausdrücklich dargelegt werden; ihnen kommt bei der Entscheidung über die Anträge großes Gewicht zu.

Bereits mit der Antragstellung verbinden sich wesentliche Überlegungen und Entscheidungen der Universität zur Bildung von Schwerpunkten im Rahmen eines angestrebten Profils. Voraussetzung dafür ist eine von der Universität langfristig getragene Entwicklungsplanung, nicht nur als bloße Behauptung und nicht erst für eine unbestimmt Zukunft, sondern mit unmittelbarer Wirkung. Die Universität setzt sich nämlich, für den Fall, dass dem Antrag stattgegeben wird, selbst unter Zwang, die Vorstellungen über ihr zukünftiges Profil auch zu realisieren. Sie fördert damit intra- und interuniversitär einen wünschenswerten Differenzierungsprozess und erhöht gleichzeitig die Chancen des wissenschaftlichen Nachwuchses, weil die Einrichtung von Vorziehprofessuren in der Regel auch das Alters- und Geschlechterprofil in den betroffenen Fächern in gewünschter Richtung verändern wird. Insgesamt versetzt das Programm die Universität in die Lage, deutlich zu machen, worin sie schon heute ihre fachliche und disziplinäre Zukunft sieht und erste, wirksame Schritte zur weiteren Schärfung ihres Profils und zur Verstärkung ihrer Schlagkraft in den gewählten Schwerpunktbereichen zu setzen. Für die

ab 2007 abzuschließenden Leistungsvereinbarungen stellt die Weiterführung dieser Profilbildung ein wesentliches Element dar.

Bisher wurden, in zwei Tranchen (2002 und 2003), insgesamt 78 Vorziehprofessuren im Rahmen eines strengen Auswahlverfahrens nach internationalen Leistungskriterien bewilligt. In ihrer Verteilung auf die Universitäten und Disziplinen ergeben sie ein aufschlussreiches Bild von der Leistungsfähigkeit und den Entwicklungsvorstellungen der österreichischen Universitäten. Anfängliche Schwierigkeiten, die meist mit Missverständnissen oder Fehlinterpretationen der Ausschreibungsbedingungen seitens der antragstellenden Universitäten zusammenhingen, wurden überwunden; die Anträge zur zweiten Tranche ergaben ein erfreulich solides Gesamtbild.

Der Wissenschaftsrat ist beeindruckt von dem Mobilisationseffekt des Programms und empfiehlt seine Fortsetzung in Form einer dritten Tranche, zu deren Finanzierung ein Teil der nach § 141 Abs. 5 vorgesehenen Anreizmittel zur Implementierung der neuen Universitätsstrukturen eingesetzt werden könnte. Der Einsatz dieser Mittel würde so mit einem Programm verbunden, das seine Wirksamkeit für die Profilbildung, die das erklärte Ziel für den Einsatz dieser Mittel ist, bereits erwiesen hat.

Als obligaten Bestandteil der Anträge zu einer eventuellen dritten Tranche sollten die Universitäten eine Übersicht über den gegenwärtigen Stand der Berufungsverfahren, über den Erfolg bereits abgeschlossener Berufungen und über ihre Übereinstimmung mit den vorgesehenen Profilen liefern.

Rückfragehinweis:

Mag. Nikolaus Possanner
Österreichischer Wissenschaftsrat
Liechtensteinstraße 22a, 1090 Wien
nikolaus.possanner@wissenschaftsrat.ac.at

www.wissenschaftsrat.ac.at
Tel: 01/319 49 99 - 20

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