Hartnäckige Probleme im Hochschulsystem endlich langfristig und konzertiert lösen!
03/11/2015
Wie kann es gelingen, dass Österreich mit seinen Universitäten und Hochschulen zur internationalen Spitze vorrückt? Der Wissenschaftsrat legt Empfehlungen in Form eines Weißbuchs und einer konkreten Utopie vor
Der Österreichische Wissenschaftsrat nimmt in Form eines Weißbuchs und einer konkreten Utopie zur aktuellen Entwicklung des österreichischen Hochschul- und Wissenschaftssystems Stellung. Aufgezeigt werden jene Herausforderungen und Probleme, die dafür verantwortlich sind, dass die österreichischen Universitäten und Hochschulen nicht den Platz einnehmen, den sie international gesehen erreichen könnten. Analysiert wird, welche Probleme das österreichische Wissenschafts- und Hochschulsystem noch immer hartnäckig begleiten: die unzureichende Finanzierung, Versäumnisse bei der Studienplatzbewirtschaftung, eine mangelhafte Umsetzung der Bologna-Idee und anderes mehr. Die Analyse macht zugleich deutlich, welche Leistungspotentiale im österreichischen Wissenschafts- und Hochschulsystem schlummern und auf ihre Realisierung warten.
Diese Problemlagen sind allen Akteuren – den politischen wie den Vertretern der Hochschulen – lange wohlbekannt. Zahlreiche Konzepte unterschiedlicher Reichweite und unterschiedlichen Niveaus wurden entworfen. Was immer noch fehlt, sind ein klares und verbindliches Bekenntnis der Bundesregierung zur Entwicklung von Wissenschaft und (tertiärer) Bildung, eine Abstimmung über alle Teilsysteme hinweg und eine verlässliche Prioritätensetzung.
Alles, was dem österreichischen System von Hochschule und Wissenschaft dienen könnte, liegt auf dem Tisch. Der Wissenschaftsrat schärft noch einmal den Blick auf Geleistetes und noch zu Leistendes. Auf dieser Grundlage entwirft er eine konkrete Utopie. Diese skizziert, wie das österreichische Hochschul- und Wissenschaftssystem im Jahre 2025 beschaffen sein könnte, wenn rechtzeitig, also jetzt, die nötigen Weichenstellungen vorgenommen werden.
Eine solche konkrete Utopie würde, so der Wissenschaftsrat, die folgenden Eckpunkte umfassen:
• es gibt einen Gesamtentwicklungsplan für das gesamte Wissenschafts- und (tertiäre) Bildungssystem aus einem Guss, der von der Bundesregierung verlässlich getragen wird,
• sämtliche Finanzierungsziele sind erfüllt,
• alle Wissenschaftsagenden, einschließlich derer des gesamten Hochschulsystems, sind in einem Ministerium zusammengezogen,
• ein Optimierungs- und Profilschärfungsprozess hat das in sich differenzierte Hochschulsystem erheblich gestärkt; eine klar definierte Arbeitsteilung zwischen den unterschiedlichen Hochschultypen bietet den Studierenden durchlässige Bildungs- und Ausbildungswege nach Eignung und Neigung und der Wissenschaft die Förderung der besten Köpfe,
• der Autonomiestatus der Universität, auch in deren Rolle als institutioneller Kern des Hochschulsystems, ist gesichert,
• die Universitäten konzentrieren sich, auch durch die Gründung eigener Fachhochschulen, auf ihre Kernaufgaben in Forschung, Lehre und Nachwuchsförderung; das Verhältnis der an einer Universität und an einer Fachhochschule Studierenden beträgt nun 40 : 60,
• (universitäre) Forschung und Lehre sind ausreichend dotiert; der Zugang zu hochschulischer Bildung und Ausbildung ist über klar strukturierte Orientierungs- und Eingangsphasen geregelt,
• die Pädagogischen Hochschulen erfüllen die Bedingungen der Hochschulförmigkeit und entwickeln ihre Curricula in Kooperation mit universitären Schools of Education,
• Universitäten und Einrichtungen der außeruniversitären Forschung sind durch gemeinsame Berufungen, gemeinsame Forschungsprojekte und gemeinsame Nachwuchsprogramme eng miteinander verbunden,
• Internationalisierungsstrategien haben zu einer engen Vernetzung aller Teilsysteme mit der internationalen scientific community geführt,
• die Bologna-Idee wurde kreativ und gegen früher bestehende Verschulungstendenzen weiterentwickelt,
• neben der Einrichtung eines europäischen Forschungszentrums in den Naturwissenschaften wurde ein Zentrum auch im Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften auf österreichischem Boden geschaffen,
• als förderlich für verstärkte Kooperationen und als Anker für hohe internationale Reputation haben sich disziplinäre wie transdisziplinäre Cluster erwiesen,
• ein Campus Wien stellt einen der modernsten wissenschaftlichen Standorte in Forschung und Lehre dar.
Alle diese in der Form eines Weißbuchs und einer konkreten Utopie beschriebenen Maßnahmen haben dazu geführt, dass Österreich 2025 ein Wissenschafts- und (tertiären) Bildungssystem besitzt, das zu den besten Systemen der Welt gehört. Es liegt in der Hand der Akteure, in erster Linie der Wissenschaftspolitik, diese konkrete Utopie zur Realität werden zu lassen.