Wissenschaftsrat nimmt Stellung zum Prozess und Ergebnis der Verhandlungen für die erste Leistungsvereinbarungsperiode
23/02/2007
2006 wurde zum ersten Mal über das Budget der Universitäten in Form von Leistungsvereinbarungen zwischen den Universitäten und dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (jetzt Ministerium für Wissenschaft und Forschung) verhandelt. Damit gewann ein wesentliches Reformelement des UG 2002, in dem sich die neue Autonomie der Universitäten bewähren muss, institutionelle Geltung.
Der Österreichische Wissenschaftsrat, das Beratungsgremium für den Wissenschaftsminister, die Universitäten und das Parlament, hat mit seinen Prinzipien zum Abschluss von Leistungsvereinbarungen vom November 2005 sowie mit seiner Handreichung für die Praxis entsprechender Verhandlungen vom März 2006 Grundsätze für die erste Leistungsvereinbarungsrunde formuliert. Er ist dabei davon ausgegangen, dass es sich bei der Leistungsvereinbarung um das zentrale Reformelement des Universitätsgesetzes 2002 handelt, in dem sich die neue Autonomie der Universitäten bewähren muss. Die Verhandlungen wurden im Herbst 2006 aufgenommen und Ende des Jahres in allen wesentlichen Teilen abgeschlossen.
Prozess und Ergebnis weisen nach Ansicht des Österreichischen Wissenschaftsrates auf beiden Seiten erhebliche Mängel auf.
Auf Seiten des Ministeriums bemängelt der Wissenschaftsrat, dass für die erste Leistungsvereinbarungsrunde nur etwa 2 Prozent des gesamten Universitätsbudgets als Spielraum für auszuhandelnde Schwerpunktsetzungen zur Verfügung standen. Aufgrund von vorab eingegangenen Verpflichtungen reduzierte sich dieser Betrag nochmals um die Hälfte, d.h. auf etwa 100 Mio. €. Die den Leistungsvereinbarungen vom Gesetz zugewiesene Bedeutung wurde auf diese Weise nicht realisiert. Auch wurde der Wettbewerbsgedanke, der in den Leistungsvereinbarungen zum Ausdruck kommen sollte, durch den frühen Hinweis, dass es nur Gewinner geben werde, entwertet.
Auf Seiten der Universitäten stellt der Wissenschaftsrat erhebliche Mängel in der Qualität der Entwicklungspläne und deren Verbindung mit den Entwürfen zur Leistungsvereinbarung fest. Der gestalterische Wille, der vor allem in der Setzung von Prioritäten und Posterioritäten zum Ausdruck kommen muss, erweist sich in den meisten Fällen als nur schwach ausgeprägt.
Der Wissenschaftsrat wird auch in Zukunft den Prozess der Leistungsvereinbarungen mit Analysen und Empfehlungen kritisch begleiten und sich für ein Verfahren unter Wettbewerbsgesichtspunkten einsetzen. Dabei geht es auch um die Herstellung geeigneter Rahmenbedingungen für einen derartigen Wettbewerb.
In diesem Zusammenhang weist der Wissenschaftsrat noch einmal auf seine Empfehlung für die neue Legislaturperiode hin, den Universitäten eine kontinuierliche Aufstockung des Universitätsbudgets um 100 Mio. € jährlich zusätzlich zur Verfügung zu stellen, damit diese ihren normalen Aufgaben in Forschung und Lehre in ausreichender Form nachkommen können. Nur wenn dies gewährleistet ist, hat ein Wettbewerbsverfahren, wie es die Leistungsvereinbarungen darstellen, überhaupt Sinn.
Rückfragehinweis
Mag. Nikolaus Possanner
Österreichischer Wissenschaftsrat
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